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Neurosen bl​ü​hen

by Oberer Totpunkt

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1.
Das, was wir fantasieren –
Das, was tief in uns ruht
Was wir imaginieren – 
macht unserm Selbstbild Mut. 
Das, was wir präsentieren – 
der Schafspelz steht uns gut! 

In dieser Stadt, in diesem Land 
nimmt Unbehagen Überhand. 
Vergiss die Lust, vergiss den Zorn, 
Neurose wird soziale Norm. 

Sicherheits-Struktur-Facette 
Quäkerhafte Etikette 
Unterdrückte Lustpipette         
Rosen blüh’n! Rosen blüh’n! 

Geistlose Kommerz-Prolette 
Maskenhafte Klon-Staffette 
Nasenring und Halsmanschette     
Wunderschön! Wunderschön! 

Hier ist die Stadt, in der Neurosen blühen 

Das, was wir ignorieren – 
auf Wahrheit liegt ein Bann. 
Das, was wir suggerieren – 
was Glaube leisten kann! 

In dieser Stadt, in diesem Land 
hat Angst die Sehnsucht längst verbannt. 
Der Lohn dafür du ahnst es schon: Die Membran der Zivilisation. 

Trittschallisolierparkette 
Musterwohnverwahrungsstätte 
Aufbewahrungskabinette         
Rosen blüh’n! Rosen blüh’n! 

Schellenkranz mit Rückholkette 
Urnenschmuck mit Prüfplakette 
Wohlfühlsarg mit Sterbedecke     
Wunderschön! Wunderschön! 

Hier ist die Stadt, in der Neurosen blühen

Selbstverliebte Grinsekatze 
Nimmersatte Neiderfratze 
Ruhekissen Protzmatratze         
Rosen blüh’n! Rosen blüh’n! 

Goldbesetzte Samttapete 
Aktien und Schwarz-Monete 
Biedermann und Brandrakete         
Wunderschön! Wunderschön!  

Lug, Trug, Angst, Scham, 
Tod, Hass, Furcht, Zwang – 
Neurosen! Neurosen! Neurosen! Rosen blüh’n!

Neurosen! Neurosen! Neurosen! Rosen blüh’n! 

2.
Pourquoi je vous ai tué 
Por eso te maté 
Why I killed you 
 
Getötet hab … 
Dich getötet hab … 
Warum ich dich getötet hab? 
Getötet hab … 
Es gab so viele Gründe … 

Die Kälte quälte, 
der Hilferuf, der gellte. 
und dann verhallte, 
die Frage, die ich stellte, 
und so schnellte 
das Messer, das dich fällte, 
in deine Kehle, 
so wahr ich Gott vergebe! 

Getötet hab … 
Dich getötet hab … 
Warum ich dich getötet hab? 
Getötet hab … 
Es gab so viele Gründe … 

Ignoranz ist ein Tötungsgrund! 
Arroganz ist ein Tötungsgrund! 
Larmoyanz ist ein Tötungsgrund! 

Mein sachtes Sehnen, 
ließ mich in Liebe wähnen. 
Doch wie sich zeigte 
als sich dein Blick mir neigte: 
Des Auges Trug schafft 
untrügliche Beweiskraft – 
musst ich dich richten, 
mit einem Hieb vernichten. 

Pourquoi je vous ai tué 
Por eso te maté 
Why I killed you … 

Beim ersten Mal ist es noch schwer … 
Beim zweiten Mal nicht mehr so sehr … 
Beim dritten Mal macht es dich frei … 
Ab dem vierten Mal bleibst du dabei … 

Getötet hab
Dich getötet hab … 
Warum ich dich getötet hab? 
Getötet hab … 
Es gab so viele Gründe
blieb ohne Antwort. 

Das verstehst du doch, nicht wahr? 
Das konnte ich dir nicht durchgehen lassen! 
Und dir auch nicht. 
Ich habe das alles nur aus Liebe getan, das wisst ihr doch?! 
Nur aus Liebe … 

3.
Alltag raubt nur Energie! 
Alltag macht tot – Lethargie! 

Alltagsmacht 

Alltag macht Wut. Kein Ventil! 
Alltag nimmt Mut – Apathie! 

Alltag macht tot
 
Jetzt ist es Zeit, um aufzustehen und loszugehen, wie vorgesehen … 
Geh’ keine and’ren Wege!  
Acht Stunden lang kaum auszustehen, nur warten, sitzen, weitergehen 
Geh’ keine and’ren Wege!  
Geh’ über Los, statt still zu stehen und abends wird dann ferngesehen. 
Es ist nicht schwer, da durchzudrehen, denn morgen heißt es: 
Ran ans Band! 

Alltag macht tot! 
Alltag macht nur – depressiv
Alltag macht nur – aggressiv 

Alltagsmacht 
Alltag raubt Kraft. Abgeschlafft! 

Alltag ist Last – Einzelhaft! 
  
Und immer nur im Laufrad gehen und vorwärts, rückwärts, seitwärts drehen 
Und immer nur im Laufrad gehen … im Laufrad gehen … im Laufrad gehen … im Laufrad gehen …

Tot! 

Alltag macht – tot! 
Ran ans Band!  

4.
Untergehen 04:10
Ein blauer Traum, fast surreal, 
umfängt dich hier im Areal. 

Ich halt dich fest, zieh dich hinab! 
Ergebe dich im nassen Grab! 

Lass uns zusammen untergeh‘n, 
die Meeressterne leuchten seh’n. 

Ich bin bei dir, bin dir ganz nah, 
die Nixe lockt mit grünem Haar. 

Lass los, lass los – was dich nicht halten kann! 
Lass los – was dich nicht halten kann!                 

Lass uns zusammen untergeh‘n, 
ich möchte and’re Welten seh’n! 

Folge mir ins dunkle Meer, 
ich wünsch’ mir keine Wiederkehr. 

Gorgonien winken uns zum Gruß, 
versprechen Glück ohne Verdruss. 

Wir gleiten hin im stillen Flug, 
der Puls der Wellen – wie ein Sog. 

Lass los – was dich nicht halten kann! 
Lass los – was dich nicht halten kann!             

Lass uns zusammen untergeh‘n, 
auf ewig mit den Wogen zieh’n. 

Der Wellen Lied betört das Ohr, 
sei ohne Furcht, stimm’ ein im Chor! 

Der Rausch der Tiefe lullt uns ein – 
hier wohnt das Glück, hier bin ich frei! 

Vertraue mir, du wirst schon seh’n, 
sei ganz du selbst, lass es gescheh’n. 

Lass los – was dich nicht halten kann! 
Lass los – was dich nicht halten kann! 

5.
Zu zwei’n, allein – 
ich werd’ nie einsam sein … 

Schatten in mir, dunkle, dunkle Schemen, Schatten in mir … 
Tief … in mir … 
Führt mich im Dunkeln, führt mich, bitte führt mich, Schizophrenie … 
Tief … in mir … 
Ich warte auf die neue Nacht, … 
… die mich zu ihrer Zofe macht … 
Klänge in mir, dunkle, dunkle Töne, Klänge in mir … 
Tief … in mir … 
Streicht meine Saiten, spielt mich, bitte spielt mich, Schizophrenie … 
Tief … in mir … 
Ich lausche still in mich … hi-nein. 
Die Welt in mir bestimmt mein Sein. 
Jetzt … begreif’ ich Schicksals Sinn! 
Die Stimmen … sie schweigen niemals still! 
Stimmen in mir, dunkle, dunkle Stimmen, Stimmen in mir … 
Tief … in mir … 
Sagt mir die Wahrheit, sagt mir, bitte sagt mir, Schizophrenie … 
Tief … in mir … 
Mich führt ein Engel, führt mich durch die – Schizophrenie! 
Hör … gut zu! 
Hörst du die Stimme? Hör doch, wie sie wispert, hör ihr doch zu! 
Hör … gut zu! 
Er ist so göttlich, er hat Macht! 
Beherrscht mein Denken Tag und Nacht. 
Stimmen in mir, dunkle, dunkle Stimmen, Stimmen in mir … 
Tief … in mir … 
Sagt mir die Wahrheit, sagt mir, bitte sagt mir, Schizophrenie … 
Tief … in mir … 
Stimmen in mir, dunkle, dunkle Stimmen, Stimmen in mir … 
Tief … in mir … 

6.
Rattenfänger fangen Ratten, locken sie ins Reich der Schatten Rattenfänger fangen Ratten, locken sie ins Reich der Schatten, soll’n nach ihrer Pfeife tanzen! Hacke, Spitze – wie die Schranzen! Wollen dein Gehirn verwanzen, woll’n ihr Hirn in deines pflanzen! Bleibe wachsam, bleibe frei! Willst doch keine Ratte sein! Nein! Menschenfresser fressen Menschen, locken sie mit warmem Händchen, lächeln freundlich, lächeln stumm – und dreh’n dir dann die Gurgel um! Sie mögen dich, so viel ist klar, verzehren dich mit Haut und Haar! Bleibe wachsam, bleibe frei! Willst doch keine Mahlzeit sein! Nein!

7.
Wohin geht die Liebe, wenn sie nicht mehr in dir ist? Wohin geht das Leben, wenn dein fremder Blick mich trifft? Wohin geht das Leben, wenn es nicht mehr in dir ist? Wohin geht die Liebe, wenn sie nicht mehr in dir ist? Wohin geht das Leben, wenn deine Brust sich nie mehr bäumt? Wohin geht das Leben, wenn dein Geist niemals mehr träumt? Wohin geht die Liebe, wenn deine bleiche Hand leblos liegt und kalt, wie ein Totenband? Wohin geht die Liebe, wenn sie nicht mehr in dir ist? Wohin geht das Leben, wenn dein fremder Blick mich trifft? Wohin geht das Leben, wenn es nicht mehr in dir ist? Wohin geht die Liebe, wenn sie nicht mehr in dir ist? Wohin geht die Zartheit, wo blieb der Feenstaub, wenn das, was uns einst prägte, fällt wie totes Laub? Wohin geht das Leben, wenn dein fremder Blick mich trifft? Wohin geht die Liebe, wenn deine bleiche Hand leblos liegt und kalt, wie ein Totenband? Wohin geht die Liebe, wenn sie nicht mehr in dir ist? Und wohin gehe ich nun, am Ende dieses Gangs? Zerschunden meine Seele, blutig meine Hand … Wer wird mich nun bergen, am tiefsten Punkt des Seins, mich mit Blicken wärmen, und mein Liebster sein? Wohin geht die Hoffnung, wenn jedes Glück verweht? Wohin geht die Hoffnung, wenn niemand zu mir steht? Wohin geht die Hoffnung, wenn das, was uns verband, zerfällt vor meinen Augen, verrinnt wie Uhrensand? Wohin geht die Sehnsucht, wenn nichts ist wie es war? Wohin geht die Sehnsucht, wenn sich Leere um mich schart? Wohin geht die Sehnsucht, wenn Leid mit Wahn sich paart? Das volle Herz ist suchend, doch ziellos wie ein Narr.
8.
Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Und dein latenteres Talent 
ist reine Pose, hohl und fremd. 

Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Die exzellentere Essenz: 
Du bist die reine Pestilenz! 

Ein anderes Wort für Begehren, 
ein anderes Wort für Lust, 
ein anderes Wort für Verzehren, 
ein anderes Wort für Verdruss 

Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Du bist ein sündiges Syndrom, 
bestehst aus purer Destruktion. 

Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Dein larvenhafter Phänotyp 
entlarvt als kalt und abgebrüht. 

Die Asymmetrie der Gefühle, 
die Disharmonie des Verstands, 
die Trugbilder uns'res Bewusstseins, 
der Irrtum, der uns verband 

Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Du bist keine Lichtperson, 
nur illuminierte Illusion! 

Du exquisites Requisit, 
ich bin nicht mehr in dich verliebt! 
Dein ohnmächtiges Gemächt – 
eitle Zier für dein Geschlecht! 

Du exquisites Requisit! 
Du rückgratloser Parasit! 
Du – Amateur-Ex-Aphrodit! 
Du bist ein Niemand, der niemand liebt! 



9.
Nur Blau. Kein Oben, kein Unten. Die Choreographie der Langsamkeit folgt dem Rhythmus des Elements. Mein Auge gewahrt Schönheit, die es nie zuvor gekannt. Ach ja, das Finimeter: 50 Bar Wie viele Nuancen hat dieses Blau? Spiel von Licht und Schatten, das ein Eigenleben zu führen scheint. Verführe mich, Blau! 40 bar Wie im Traum, die Bewegungen so langsam, so beschwerlich, wie ein Lauf durch Gelatine, 30 bar wie ein Insekt in blauen Bernstein gegossen. 20bar Das Atmen ermüdet mich. 15 bar Wie dieser Sonnenstrahl in der Ferne tanzt! Ein Menuett für die Ewigkeit. Noch 10 bar So viel Anmut. Allein für mein Auge. Verharre, Blau!
10.
In des Mondes Silberschein 
wispern Schatten in mein Ohr. 
Flüstern mir in leisem Sang 
Lieder – nur für mich … allein. 

Viele Freunde habe ich nicht mehr. 
Ohnehin waren es nie viele. 
Verloren im Alltagsgetändel. 
Entpuppt als Blender. 

Ich gelte als exaltiert, 
für viele zu kompliziert. 
Geselligkeit ist mir ein Gräuel, 
Einsamkeit mein Lebensquell.

Allein – Allein mit mir … 
Allein – Am Ende sind wir doch alle allein … 

Viele Träume habe ich nicht mehr. 
Ohnehin waren es nie viele. 
Verpufft in der Realität. 
Zerschellt an Lügen. 

Ich gelte als exaltiert, 
für viele zu kompliziert. 
Geselligkeit ist mir ein Gräuel, 
Einsamkeit mein Lebensquell. 

Allein – Allein mit mir … 
Allein – Am Ende sind wir doch alle allein … 

Wahrheit ist wie guter Wein, 
dunkel und samten, komplex und rein. 
Ein Freund kommt, ein and’rer geht, 
nichts bleibt ewig, alles verweht. 

Das eign’e Echo wünscht der Mensch 
im ander’n sich herbei. 
Doch Zweisamkeit ist Illusion 
– auch zu zweit ist man allein. 

Ich gelte als exaltiert, 
für viele zu kompliziert. 
Geselligkeit ist mir ein Gräuel, 
Einsamkeit mein Lebensquell. 

Allein – Allein mit mir … 
Allein – Am Ende sind wir doch alle allein …

Ich gelte als exaltiert, 
für viele zu kompliziert. 
Geselligkeit ist mir ein Gräuel, 
Einsamkeit mein Lebensquell.

11.
Ein Moment, der alles verändert. Zwei Augenpaare, die sich anstarren. Drei Sekunden, um zu handeln. Vier Schritte bis zur Tür … Wie ich dieses höhnische Lächeln auf seinem Gesicht hasse! Nun lächelt er für immer. Sein Blut ist noch warm. Wenigstens etwas Wärme an ihm. Hätte ich es nicht getan, dann hätte er es getan. So ist das nun einmal, wenn „Liebe“ endet. Seine Brieftasche nehme ich mit. Und den Brillantring – mit dem Finger, weil er sich einfach nicht lösen will. Weil er mal wieder nichts rausrücken will. Jetzt nichts wie weg! Ein Geräusch von der Tür! Ein – Einbrecher! Ein – Zeuge!! Er blickt auf das Messer in meiner Hand. Macht kehrt und flieht. Drei Schrecksekunden später setze ich ihm nach. Er jagt in seinem Wagen davon. „Taxi!“ Ein Zeuge zu viel … Zwei Fahrzeuge rasen durch nächtliche Straßen. Drei Zigaretten später: Ankunft am Flughafen. Viermal durchatmen – und tun, was getan werden muss. „Der will zum Flughafen“, sagt der Taxifahrer. Ich lege einen Schein auf die Armatur: „Vergessen Sie diese Fahrt.“ Er sieht mich an als hätte er sein Leben lang auf eine solche Situation gewartet. Das Auto des Einbrechers steht vor dem Abflugterminal. Ich renne in die Halle. Dann sehe ich ihn. Er geht betont langsam, dreht sich aber häufig um. Ich verberge mein Haar unter einem Hut und streife Lederhandschuhe über. Er verschwindet im Waschraum. Er fährt herum, als ich eintrete. „Nein“, ruft er, aber mein Messer bohrt sich bereits in sein Herz. Seinen Körper lehne ich an die Wand, ein Bein angezogen, einen Arm und den Kopf auf dem Knie abgelegt. Eine leere Schnapsflasche aus dem Abfalleimer vervollständigt das Stilleben. Ich nehme seine Brieftasche. Das Messer versenke ich im Wasserkasten des Klosetts. Ein Oneway-Ticket nach Nassau, Bahamas. Zwei Minuten Unaufmerksamkeit. Drei Drinks. Ungerührt. Vier verdächtige Fluggäste. „Nassau“, sage ich zu der Frau am Ticketschalter. Die Wartezeit verkürze ich mir mit einem Drink an der Bar. Später, auf dem Weg zum Gate, eilen Sanitäter den Gang entlang. Ich nehme meinen Sitzplatz im Flugzeug ein. Die beiden Reisenden vor mir installieren sich umständlich. Ich ordere einen Drink. Dann bemerke ich den Blutfleck an meinem Ärmel. Ich schiebe meine Tasche unter den Sitz und gehe zur Toilette. Bei meiner Rückkehr stelle ich fest, dass meine Sachen durchsucht wurden. Es fehlt etwas. Die beiden Reisenden in den Sitzen hinter mir stellen sich schlafend. Ich ordere einen weiteren Drink. Wenig später landet die Maschine zum Zwischenstopp. In Paris zerstreuen sich die Verdächtigen in alle Richtungen. Ich suche den Waschraum auf. Als ich aufblicke, verstellt eine der Frauen aus dem Flugzeug mir den Weg. „Ich habe Sie in Hamburg gesehen“, raunt sie und zieht den blutverschmierten Handschuh hervor. „Der ist Ihnen doch sicherlich etwas wert!“ Ihr Lächeln ist das einer Hündin. Ich werfe mich auf sie. Wir ringen miteinander, stürzen zu Boden. Ich bekomme meinen Schuh zu fassen, hole aus und schlage mit aller Kraft auf ihren Schädel ein. Mein Absatz bohrt sich in ihr Auge. Dann liegt sie still. Ich verstecke sie in der Toilettenkabine, säubere mich und verlasse den Waschraum. Ein neues Paar Stilettos. Zwei Filme im Flugzeug. Drei Schlaftabletten. Vier Stunden unruhiger Schlaf. Der Anschlussflug hat Verspätung. Nicht nur zum Zeitvertreib gehe ich in einen Schuhladen. An der Theke der Flughafenbar trinke ich ein Glas oder zwei. Dann wird der Flug aufgerufen. Ich sehe mir zwei Filme an, deren Handlung ich sofort vergesse. Ich nehme drei Schlaftabletten. Ich träume wirr. Endlich: Ankunft in Nassau, Bahamas. In der Shirley Street kaufe ich auch Konfekt und Champagner. Dann lasse ich mich ins Hotel chauffieren. Ein Aufschrei des Entsetzens. Zwei Ertappte, die Ausreden suchen. Drei Versuche, mich umzustimmen. Vier Schüsse aus kurzer Entfernung. Ich eile zu unserer Suite und trete ein. Er ist nicht allein. Die andere schreit auf. Er erklärt, dass die Situation nicht so sei wie es aussieht. Ich taste nach meiner Waffe. Er beschwört die alten Zeiten. Ich spanne den Hahn. Er appelliert an die Vernunft. Ich tue das Vernünftige: Vier Schüsse aus kurzer Entfernung hinterlassen zwei Leichen. Ich reinige die Waffe und presse den abgetrennten Finger an den Griff. Später, am Strand, stürzen sich die Möwen auf den Finger. Sie spielen damit, streiten sich um ihn, tragen ihn in die Luft; dann plumpst er ins Meer. Fort.
12.
Macht 04:08
Wenn nur der Mammon noch zählt … Alles, was du machst, das macht dich aus, was Macht mit dir macht, macht dir was aus. Mach’ dich nicht zum Rad der Macht, Macht hat man nicht, Macht wird gemacht! Macht! Alles, was du sagst, das sagt was aus! Was Macht mit dir macht, fällt dir nicht auf. Mach’ dich nicht zum Rad der Macht,  Macht hat man nicht, Macht wird gemacht!  Wenn nur der Mammon noch zählt – wenn wir erlauben, dass die Welt in Scherben zerfällt … Wenn wir verzagen vor dem, der sich aus Gier nach Macht und Geld die Pfründe erhält Alles, was du denkst, denkst du dir aus, was Macht mit dir macht, schiebt dich ins Aus. Mach’ dich nicht zum Rad der Macht,  Macht hat man nicht, Macht wird gemacht!   Nicht nur mein Blut ist rot, nicht nur mein Hunger tobt, nicht nur mein Durst quält, nicht nur meine Hoffnung stirbt, nicht nur mein Gott ist tot, nicht nur meine Welt bedroht, nicht nur mein Auge bricht – wenn die Menschheit verroht. Wenn nur der Mammon noch zählt – wenn wir erlauben, dass die Welt in Scherben zerfällt … Wenn wir verzagen vor dem, der sich aus Gier nach Macht und Geld die Pfründe erhält … Sag mir nicht wie der Globus sich dreht, und was die Welt zusammenhält … Sag mir nicht, was ich denken soll, wer Gedanken lenkt, der will Kontrolle.   Wenn Eliten versagen und sie ihre Völker plagen, wenn die Frömmler sich tummeln, die Ängstlichen sich ducken, wenn die Mächtigen sich streiten, die Reichen sich bereichern, scheinheilige Krieger sich die Deutungsmacht erschleichen, wir vergessen, dass wir viele sind und Einigkeit uns stärkt! Wenn wir die Mächtigen als Riesen sehen und uns als Zwerg …  Wenn die Gedanken, die wir denken, unsere Moral verrenken, wenn wir das Denken beenden und uns nur noch ablenken, wenn wir aufhör’n zu beklagen, dass wir Freiheit nicht mehr wagen, wenn wir verzagen, nichts mehr sagen, nicht mehr klagen …!!! Wenn nur der Mammon noch zählt – wenn wir erlauben, dass die Welt in Scherben zerfällt … Wenn wir verzagen vor dem, der sich aus Gier nach Macht und Geld die Pfründe erhält … Sag mir nicht wie der Globus sich dreht, und was die Welt zusammenhält … Sag mir nicht wie der Globus sich dreht, und was die Welt zusammenhält …
13.
Ein Geräusch kann es sein, und Erinnern setzt ein – so wie Schritte im Schnee oder Binsen am See. Diese Bilder in mir sie erzählen von einst, von vergangener Zeit, Mosaik meines Seins. Halt nichts fest, denn alles enteilt – im Handumdrehen ist dein Leben vorbei! Ein Geruch ruft sie wach, manchmal stark, manchmal sacht, wie nach Sirup und Zimt, wie ein Docht, der verglimmt. Diese Bilder in mir sie erzählen von einst, von vergangener Zeit, Mosaik meines Seins. Halt nichts fest, denn alles enteilt – im Handumdrehen ist dein Leben vorbei! Was ist deine Sehnsucht? Was ist dein Ziel? Du kannst nur einmal leben – und das ist nicht viel! Impressionen voll Glück bringen Bilder zurück, so wie Licht, das sich bricht, oder Wind im Gesicht. Diese Bilder in mir sie erzählen von einst, von vergangener Zeit, Mosaik meines Seins. Halt nichts fest, denn alles enteilt – im Handumdrehen ist dein Leben vorbei!
14.
Eins zu einer Million. Das ist die Wahrscheinlichkeit, dass man morgens gesund aufsteht und abends tot ist. Ein ganz normaler Tag mit unerwartetem Ende. Ein Mikromort. Die Maßeinheit bezeichnet diese Risikowahrscheinlichkeit. Sie spielen Russisch Roulette mit einer Münze. Wenn bei der Münze nach 20 Würfen jedes Mal Kopf statt Zahl oben liegt, müssen Sie sich erschießen. Das bedeutet eins zu einer Million: 1 Mikromort. Vorausgesetzt: Sie sind ein Erwachsener. Vorausgesetzt: Sie sind ein Erwachsener in Westeuropa. In Afrika sieht die Wahrscheinlichkeit ganz anders aus. 62 Milliardäre in der Welt besitzen heute so viel wie die halbe Menschheit jährlich verdient. 62! 62 Personen haben genau so viel wie drei Milliarden, 694 Millionen, 999 Tausend, 999 Menschen auf der Welt jährlich erwirtschaften können. Zahlen! Völlig normal. Vorwärts ohne Ziel! Zurück ohne Zukunft! Ein Schauspieler bekommt 62 Millionen Dollar Gage. 62 Millionen Dollar dafür, dass er einstudierte, nicht selbst verfasste Texte aufsagt und nach eigener Interpretation und Vorgabe des Regisseurs Körper und Lippen bewegt. Sein Synchronsprecher bekommt für die Lippenartistik 6.200 Dollar. Der müsste 10.000 Filme synchronisieren, um die gleiche Gage zu erzielen. Ist das gerecht? Völlig normal. Vorwärts ohne Ziel!  Zurück ohne Zukunft! Ein chinesischer Arbeiter müsste 100.000 Jahre lang nonstop arbeiten, um diese Summe zusammenzubekommen. Oder 10.000 Chinesen müssten 10 Jahre lang nonstop arbeiten. Wahre Arbeit, wahrer Lohn? Aber die Welt hat ganz andere Probleme. Die Ungleichverteilung ist größer als zu Zeiten der Monarchie und des Absolutismus. Das scheint aber niemand zu stören. Mehr als die Hälfte der Menschen auf dem Planeten Erde hat keinen Zugang zu sauberem Wasser und leidet unter ungenügenden Hygienestandards. Die Hälfte! 3,7 Milliarden haben keinen Zugang zu sauberem Wasser! Eine 3 mit 9 Nullen! 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9. Eine Milliarde Menschen hungert! Eine Milliarde! Das ist jeder siebte auf der Welt. Jedes Jahr sterben knapp neun Millionen Menschen an Hunger. Alle drei Sekunden stirbt ein Mensch an Hunger. Alle drei Sekunden! 1, 2, 3! Bis zu dieser Stelle meines Vortrags sind weitere 60 Menschen gestorben. An Hunger! Völlig normal. Vorwärts ohne Ziel!  Zurück ohne Zukunft! 66  Keine Zeit für Optimisten! Das Chaos ist vorprogrammiert. Maßlosigkeit wird zelebriert. Es ist wie im alten Rom – ohne Maß, Korruption. In 50 Jahren werden zehn Milliarden Menschen den Globus bevölkern: 10 Milliarden! Jeder fünfte wird ein Chinese sein. Und während die Chinesen für 30 Cent Hungerlohn im Akkord Technik für den Wegwerf-Wohlstandsmüll der Industrienationen produzieren, träumen sie von romantischen Dingen. Von einer Hochzeit mit Freunden und der ganzen Familie. Dazu Haiflossensuppe. Weil sich das viele Chinesen wünschen, werden jedes Jahr 100 Millionen Haie getötet. Aus den Flossen von 100 Millionen Haien kredenzen Chinesen ein prestigeträchtiges, geschmacksneutrales Festmahl. Nur die Flossen – der Rest landet als Abfall im Meer. Für 2 Milliarden Chinesen werden 100 Millionen Haiflossen kaum reichen. Wir brauchen Massentierhaltung für die Ernährung gieriger Massenmenschen. Nur keine Hemmungen – ein Tier ist juristisch gesehen eine Sache. Schon in der Bibel wird der Mensch ermuntert, sich die Erde untertan zu machen. Nur zu! Wo ist das Problem, wenn einige der Untertanen im Bett schlafen – und andere im Kühlhaus hängen? Ein Bauer verdient an einem Schwein, das er von dessen Geburt bis zum schlachtfertigen Tier aufzieht, etwa 5 Euro. Was für ein Schweineleben! Und die Tiere, deren Fleisch der wohlstandsorientierte Verbraucher in aller Welt genießen will, fressen 60 Prozent des global angebauten Getreides. Also: Weg mit den Regenwäldern und zügig Monokulturen angelegt, damit die Fleischeslust von immer mehr Menschen gestillt werden kann! Und dabei werden rund zwei Milliarden Menschen an Hunger sterben, während sich zeitgleich die Tiere aus der Massenproduktion fett fressen. Die Medikamente, die sie bekommen, damit sie gesund bleiben, sind nicht nur in den Menschen, die sie verzehren, nachzuweisen, sondern auch im Grundwasser. Die Alternative: Gen-Fleisch aus Stammzellen züchten? Filet aus der Petri-Schale? Oder: Soylent Green? Guten Appetit, Welt!  Guten Appetit, Welt! So war das nicht bestellt! Der Mensch ist lediglich ein passageres, höchst gefährliches, temporäres Syndrom. Völlig normal. Vorwärts ohne Ziel!  Zurück ohne Zukunft! Zum Glück bekommen die meisten nichts davon mit. Viele sind taub, blind, blöd – gleichgültig! Die 62 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, wird das nur rudimentär beschäftigen. Und andere können das überhaupt nicht mitbekommen: 780 Millionen Erwachsene können nicht lesen. Sie haben es in ihrer Kindheit nicht gelernt, weil ihre Lebensbedingungen es nicht zugelassen haben, dass sie eine Schule besuchen. Hinzu kommt die Mortalität: Jedes Jahr sterben zehn Millionen Kinder, bevor sie in die Schule kommen könnten. Vorausgesetzt, sie hätten die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. Keine schöne Vorstellung! Aber zum Glück liegen sie nicht bei uns herum! Sie sterben sie woanders. Kapitalismus ist gut! Geld ist gut, für die, die es haben! 10 Prozent der Reichsten zahlen immer weniger Steuern. Der Vermögensberg wächst. Staatsschulden machen Reiche reicher und Arme ärmer. Seit Beginn des Kapitalismus in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebt er vom Gefälle zwischen reichen Gewinnern und armen Verlierern. Die Torte wird nie größer. Sie wurde schon immer ungerecht verteilt. Und jetzt wollen die so genannten Dritte-Welt-Länder ihren Anteil haben. Jeder Mensch strebt nach seinem Glück! Massenexodus ist ein Resultat des Versagens von Führungseliten. Die Geister der Vergangenheit sind hellwach … Nicht die Besitzlosen solidarisieren sich; sondern diejenigen, die wenig haben, solidarisieren sich mit denen, die viel haben, gegen die, die nichts haben … Aber wohin soll das führen? In Afrika werden bis zum Jahr 2100 so viele Menschen leben, wie es Mitte der 80er Jahre auf der ganzen Welt gab! Soll jeder Chinese ein Auto fahren? Soll jeder Inder täglich ein Steak auf seinem Teller haben? Soll die gesamte Weltbevölkerung so leben wie wir? Wollt Ihr den totalen ökologischen Kollaps? Der Palast ist in Brand … die apokalyptischen Reiter sitzen im Sattel! Der Kolonialismus geht weiter! Nur verdeckt. Es geht wie immer um Macht und Gold, begleitet vom Gedanken der Missionierung, und um billige Arbeitskräfte. Unsere selbstbewussten Posen und Insignien der Macht, unsere göttlichen Aufträge und legitimierten Herrschaftsansprüche fangen an zu bröckeln. Wir werden uns einzäunen müssen: Mein Haus ist meine Festung! Vermint! Mit Stacheldraht und Selbstschussanlage. Die Besitzlosen werden sich das nicht weiter gefallen lassen. Um es mit Paul Watson zu sagen: Die Menschheit ist eine völlig außer Kontrolle geratene Primatenspezies. Wir kontrollieren mit Regeln, Religionen, Gesetzen einen Planeten – der uns nicht braucht! In ein paar Millionen Jahren werden wir Geschichte sein. Oder früher. Auf geht´s, Welt! Wir kommen!
15.
Zurück ohne Zukunft Zurück ohne Morgen Zurück ohne Gestern Zurück ohne Zukunft vorwärts, rückwärts, seitwärts und zurück

about

Fürchtet euch! 
Die schlechte Nachricht: Es gibt keinen Himmel. 
Die gute Nachricht: Es gibt keine Hölle. 
Aber es gibt circa 10.000 Religionen; da ist sicherlich für jeden etwas dabei. 

Angststörungen, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung, Borderline, Burnout, Depressionen, Sozialphobien, Flucht in Religion oder in Illusion – vielgesichtig sind die Strukturen, die sich am (psychischen) Eisberg unterhalb der Wasseroberfläche herauskristallisieren. Die Neurose ist längst soziale Norm. Warum sonst sollten wir beschädigte Charaktere in Führungspositionen akzeptieren? Und warum sonst sollten wir ein System hinnehmen, das eine Minderheit davon profitieren lässt, dass der Ast, auf dem die Mehrheit sitzt, langsam aber sicher abgesägt wird? 

Es gibt im Leben keine Generalprobe. Und ob sich das Versäumte im nächsten Leben nachholen lässt, bleibt so ungewiss wie die Frage, ob die Jungfrauen, die laut Fantasy-Auslegung einer Religion willig im Paradies harren, tatsächlich existieren. Der Mensch sehnt sich so sehr nach Sinn, dass er bereit ist, unglaubliche Geschichten als Wahrheit anzunehmen. Der Deal: Unterwerfung gegen ewiges Leben. Wider alle Vernunft erbringen wir eine Glaubensleistung, damit wir unsere Angst zügeln können! 

Doch wirklich sicher ist nur so viel: Das Leben wird enden. 
Und wer in diesem Leben nicht glücklich wird, wird es wahrscheinlich gar nicht mehr. Wenn Anpassung mittels neurotischer Psychostrukturen möglich wird, wenn Unlust und Panik sich auf diese Weise drosseln lassen – warum nicht? Genießen wir die Blüten! 

credits

released April 28, 2017

BETTINA BORMANN VOX & WORTE
MICHAEL KRÜGER KOMPOSITION, BASS, SCHLAGZEUG
STEFAN FROST GITARRE & BASS
CHOR VOX INHUMANA & SIMON GLÜCKLICH
ADD. VOCALS SCHNEEWITTCHEN (1, 5, 7, 14, 15), BRUNO KRAMM (1)
SYNTHESIZER ANDREAS KRÜGER (14)
BASS STEFAN FROST (5, 10, 13), MICHAEL KRÜGER (4, 11, 12, 15)
GITARRE TOM WENDT (14) DAVID NESSELHAUF (14)
THEREMIN BETTINA BORMANN (1, 14)

MIX & MASTERING TOM WENDT WWW.SKATINGDOG.DE
DANSE MACABRE RECORDS WWW.DANSEMACABRE.DE
FOTOS ANA ANCHIY* BAND MANDY PRIVENAU ROSEN INIGOCIA
ARTWORK MICHAEL KRÜGER

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OBERER TOTPUNKT Hamburg, Germany

::OT:: OBERER TOTPUNKT („TDC”, „Top dead center“) is the music project of Hamburg-based Singer-/Songwriter Bettina Bormann and Drummer/Composer Michael Krüger. ::OT:: performs live with Guitar, Theremin, Drums and Percussions as Duo or with live musicians. They made numerious remixes of Bands and are reguarly on tour throughout Germany and beyond. ... more

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