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Stiller Zoo

by Oberer Totpunkt

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1.
Staub 02:09
Manche Leute beschäftigen sich mit Dingen, die so klein sind, dass man sie mit bloßem Auge kaum erkennen kann. Welten können sie entstehen lassen aus der Beobachtung von Materie, die auf einer Fingerkuppe Platz finden würde, und den Erkenntnissen, die sie daraus ziehen. Die Rede ist von Staub, also von dem Stoff, den die meisten Menschen loszuwerden trachten. Aber es gibt Leute, die sehen genauer hin. Viel genauer. Die messen auch und wiegen, analysieren, und können tatsächlich sagen, aus welcher Region der Erde ein Staubkorn von einer bestimmten Größe und Form stammt – aus der Sahara, von Vulkanausbrüchen – oder ob es sich um Salzkristalle aus dem Meer handelt und wenn ja, aus aus welchem Meer. Sie können sogar sagen, wie alt es ist. Aber auch, ob es überhaupt von der Erde kommt oder ob es ein Partikel aus dem Weltall ist, Sternenstaub. Oder mikroskopisch kleine Reste von Meteoriten, die in der Atmosphäre verglüht sind. Man kann Staub nicht beseitigen, sondern ihn nur von hier nach dort transportieren. Es bleibt alles erhalten. Für immer. Der Gedanke fasziniert mich. Und macht mir bewusst, dass wir die Dinge, die im Verborgenen ruhen, mit Ehrfurcht betrachten sollten.
2.
Es war einmal eine kleine Prinzessin, die blickte so gern in den Spiegel. Sie betrachtete sich mit neugierigen Augen, als erahne sie in ihrem Abbild ein Versprechen voller froher Erwartungen. Es war einmal, es war einmal Doch der Spiegel war verzaubert. Es war einmal, es war einmal, es wird einmal gewesen sein Darum hörte er eines Tages auf, sie mit Verheißungen zu locken. Statt dessen zeigte er ihr das, was manche als Realität bezeichneten. Sie nannte es Verrat. ... schablonisiert ... desintegriert ... was einmal war ... war einmal wahr ... du willst vergessen ... du willst vergehen ... willst nicht mehr denken ... willst nicht mehr sehen ... schablonisiert ... desintegriert ... was einmal war ... war einmal wahr ... du willst vergessen ... du willst vergehen ... willst nicht mehr denken ... willst nicht mehr sehen Es war einmal ein kleiner Junge mit zerzausten Haaren und dicken Sommersprossen. Du hast ihn nicht gleich erkannt, aber wenn du genau hinsiehst, kannst du ihn erahnen hinter den Tränensäcken und Furchen. Es war einmal, es war einmal, Manchmal erinnerst du dich noch an die Person, die du einmal warst. Es war einmal, es war einmal, Die Landkarte in deinem Gesicht zeigt die Stationen an: Die Linie, die dein Lächeln veränderte. Die Linien, die deinen Blick auf die Welt veränderten. Du legst den Spiegel aus der Hand. Früher fürchtetest du dich vor dem Leben. Heute fürchtest du dich vor dir selbst. ... schablonisiert ... desintegriert ... was einmal war ... war einmal wahr ... du willst vergessen ... du willst vergehen ... willst nicht mehr denken ... willst nicht mehr sehen ... schablonisiert ... desintegriert ... was einmal war ... war einmal wahr Der Alltag hat dich pragmatisch werden lassen, sagst du. Es war einmal, es war einmal, Du hast aufgehört, dich aufzuregen. Und angefangen dich aufzugeben. Es war einmal, es war einmal, Es war einmal eine Schablone, die Glück verhieß und Anpassung meinte... Bedenke: Das Jetzt ist ein zerreißbares Gewebe...
3.
Im Wald, im finstern, liegt ‘ne Maid, die trägt ein einstmals duft’ges Kleid. Sie ruht ganz still auf Moos und Farn mit einer Kling’ im blut’gen Arm. Zum Leichenschmaus, zum Leichenschmaus komm’ sie aus ihren Nestern raus! Der Wiedehopf, der Wiedehopf, der pickt die Augen aus dem Kopf... Der Spatz nimmt Platz auf ihrem Mund und frisst die Maden aus dem Schlund... Fiderallala Fiderallala Fiderallala Fiderallala Die Rabenkräh´, die Rabenkräh´ liebt faul´ges Herzfleisch ledrig-zäh Schreiend stürzt der Kauz herbei, reißt die verweste Milz entzwei Fiderallala Fiderallala Fiderallalalalala Die Finken, die Finken vom schwarzen Blute trinken... Die Maden, die Maden sich an den Lippen laben... Aus blut‘gen Höhlen blickt die Maid in eine Welt, die trostlos scheint. Doch in ihrer toten Hülle ist Leben in großer Fülle! Ein schwüler Duft lockt hin zur Gruft, die Leichenfauna ist längst da: Die in aufgesprung’nen Ritzen und Angewestem sitzen Sie krabbeln, kriechen, winden sich durchs breiig-feuchte Festgericht Nun wohnhaft im Schlaraffenland ist in der Maid ein Kampf entbrannt Leicht eingetrocknet schon der Leib, für Teppichkäfer: Fressenszeit! Auch Totengräber dicht an dicht sie sterzeln, fressen, paaren sich Fiderallala Fiderallala Fiderallala Fiderallala Durch Schichten, die noch nässen sich die Käsefliegen fressen... In Schädel und in Ohren sich Latrinenfliegen bohren. Der schlaffen Hand des Mägdeleins entriss der Wind ein Briefelein. Drin schrieb sie, dass ihr ganzes Sein gar ohne Sinn und Zwecke sei... Fiderallala Fiderallala Fiderallalalala Fiderallala Fiderallala Fiderallalalala – hey! ...
4.
Dunkel dräut das Himmelslicht, die Nacht verdrängt den Tag, versteck dich, denn du hast versagt, die Zeit des Zorns ist da. Eil’ dich, eil’ dich, armer Wicht, der Drache kennt kein’ Gnad’, er holt dich, wenn es dunkel ist, dann zieht er dich hinab. Ho-Ha-Ho-Ha-Ho-Ha Zorn des Drachen Der Drache aus dem dunklen Reich hat Krallen ganz aus Eis, sein Maul speit Feuer, blau wie Stahl, die Schwingen brennen heiß. Eil’ dich, eil’ dich, armer Wicht, der Drache kennt kein’ Gnad’, er packt dich, wenn es dunkel ist, verbrennt dein Gut und Hab’. Ho-Ha-Ho-Ha-Ho-Ha Zorn des Drachen Des Feuers Kraft, die brennt in ihm, die Hölle ist sein Hort, Aug´ um Aug´ und Zahn um Zahn: sein Geschäft ist Mord! Eil’ dich, eil’ dich, armer Wicht, der Drache kennt kein’ Gnad’, er grillt dich, wenn es dunkel ist, und zieht die Haut dir ab. Er jadt dich unerbitterlich... er setzt dir nach und findet dich... er hört nie auf, es endet nicht... Gott hat versagt, der Drache lacht, und greift nach dir, du Tor! Rache, Rache, brenne, Wicht! Rache, Rache, brenne, Wicht! Eil’ dich, eil’ dich, armer Wicht, der Drache bebt vor Zorn, er reißt dein Fleisch auf, trinkt dein Blut und fängt dann an von vorn. Ho-Ha-Ho-Ha-Ho-Ha Zorn des Drachen
5.
Gevatter Tod 03:58
Als Vlad noch ein Junge war, sah er mit an, wie sein Vater und seine Mutter zu Tode gefoltert wurden. Die Krieger, die es auf das Land seines Vaters abgesehen hatten, warfen seinen Bruder ins Feuer und machten sich einen Spaß daraus, ihn immer wieder mit Fußtritten in die Flammen zurück zu stoßen. Vlad überlebte, weil er sich – beim Versteckspiel – verborgen hatte. Gevatter Tod Gevatter Tod Als Erwachsener wollte er sich zurück holen, was man ihm geraubt hatte. Er verstand es, sich Respekt zu verschaffen: Seine Feinde mussten niederknien, das Haupt in den Staub gedrückt. So stieß man ihnen einen Holzspieß in den hinteren Leib und trieb den abgestumpften Pfahl in den Darm. Dann wurde der Pfahl aufgerichtet, die Schwerkraft drückte den Körper hinab. Das Sterben dauerte vier Tage. 30.000 endeten auf diese Weise. Gevatter Tod Gevatter Tod Die Bauern nannten ihn einen Blutsauger, dabei griffen sie sich an die Kehle und seufzten. Ich war einmal dabei, wie Vlad eine Katze packte, die ihn beinahe zu Fall gebracht hatte, und ihr den Kopf abbiss. Ich schwöre, er schluckte ihn hinunter ohne zu kauen. All das ist wahr. Unwahr ist jedoch, dass er das Blut von Lebenden trank und sie in Vampire verwandelte. Zwar trank er ihr Blut, aber nie hätte er einen Blutsauger neben sich geduldet! Gevatter Tod Gevatter Tod Hörst du auch manchmal Schritte hinter dir, wenn du nachts allein die Straßen entlang gehst? Aber wenn du dich umdrehst ist da niemand? Du redest dir ein, dass es nur Einbildung ist. Aber in Wahrheit weißt du es besser, nicht wahr? Die Menschen in Siebenbürgen wollen ganz sicher gehen ­– noch nach Jahren holen sie die Toten aus ihren Gräbern. Wie aus Wachs sehen sie aus, kaum verwest... Dann wissen sie: Er lebt in ihnen fort. Und dann tun sie, was auch Vlad zu tun pflegte, um seine Feinde abzuschrecken: Sie pfählen die Leichen! Gevatter Tod Gevatter Tod
6.
1001 Nacht 04:30
Es war einmal ein Sultan, Aladin, der hatte eine wunderschöne Tochter, mit der er in einem großen Palast lebte. Seine Gemahlin war vor langer Zeit gestorben. Beide, Vater und Tochter vermissten sie schmerzlich, darum vielleicht standen sie einander näher als andere Väter und Töchter. Salome hatte wunderschöne schwarze Augen, ihre Haut so weiß, ihr langes Haar von einem dunklen, satten Rot. Der Sultan konnte sich nicht satt sehen an ihren rosigen Lippen. Ihre Schönheit wurde im ganzen Land gepriesen. Wenn ihr Vater traurig war und sich einsam fühlte, dann tanzte Salome für ihn ihren Schleiertanz. Sie wiegte ihren biegsamen Körper zu den Klängen, die der Eunuch seiner Kehle entlockte. Der Sultan war zu Tränen gerührt, wenn die Glöck­chen an ihrem Gewand in den Gesang einfielen. 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! Salome vermutete, dass ihr Vater dann an ihre verstorbene Mutter dachte, der sie glich wie ein Spiegelbild. Es hieß, dass ein schwarzer Schwan vom Himmel herabstieß und ihre Mutter mit sich nahm – ein Gesandter der Götter, die sie ihrer Schönheit wegen bei sich haben wollten. 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! Er sucht das Orakel auf ... Aladin, Aladin ... er will die Zukunft sehen ... Aladin, Aladin ... doch die Wahrheit der Seherin ... Aladin, Aladin ... ist nicht die seine ... Aladin, Aladin 1001 – Lüge! 1001 - Intrige! 1001 – Nacht! 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! Die Seherin verflucht den Sultan ... Aladin, Aladin ... er bringt sie zum Schweigen ... für immer ... Aladin, Aladin ... und brennt ihr Haus nieder ... Aladin, Aladin ... zeilt zurück zum Palast ... Aladin, Aladin ... steigt die Treppe hinab ... Aladin, Aladin ... hört die Schreie und zuckt zurück... Aladin, Aladin ... er hört die Schreie aus dem Verlies... Aladin, Aladin Als Salome herangewachsen war, stellten sich Jünglinge aus fernen Ländern vor, die sie zur Frau nehmen wollten. Doch keiner war dem Sultan gut genug für seine Tochter. Sie brachten Gewürze, Gefäße aus Gold, prächtige Pferde. Der Sultan nahm die Gaben an. Die Jünglinge aber ließ er ergreifen und töten: Alle wurden sie geköpft und ins Meer geworfen! Am Ende hatte der Sultan genug von der Posse. Und da er die Gesetze verfasste, tat er, was er von Anfang an hatte tun wollen: Er machte sich selbst zum Gemahl seiner Tochter! Seine erste Gattin aber fristete weiter ihr Dasein in der Düsternis ihres Verlieses. 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! 1001 – Lüge! 1001 – Intrige! 1001 – Nacht! Aladin, Aladin
7.
Sieh dich um, sagte sie. Und er wandte den Blick. Was er sah, war eine Welt, in der sich jeder seine eigene Hölle schuf. Sie brauchen dich nicht mehr, sagte sie. Und fragte ohne Worte, was er dagegen zu tun gedachte. Teufels Lehrerin Der Teufel besann sich auf das, was sie ihn gelehrt hatte. Er machte sich auf in die Finanzzentren. Aber er fand Menschen, die kein Tod und kein Teufel mehr in Versuchung führen konnten. Die hatten in ihrer Gier schon alles versucht! Teufels Lehrerin Enttäuscht ging er die Straße hinab. Er traf auf brave Leute, die ihre Angelegenheiten erledigten. Doch dann erkannte er, dass er sie nicht mehr in Versuchung führen konnte. Denn all diese gut genährten und gut gekleideten Menschen scheuten sich nicht, mit Dingen zu handeln, an denen Blut klebte. Der Teufel wandte sich ab, hier gab es für ihn keine Seele zu gewinnen. Sie brauchen dich nicht mehr, sagte Teufels Lehrerin, denn sie heizen das Feuer ihrer Hölle selbst an. Diese Tagediebe und Maulhuren, die ihre Zeit totschlagen, und wenn sie ihre Selbstachtung verkaufen, kostet es sie nicht mehr als ein Lächeln. Sie reden ihren Untergang schön. Aber all die Heuchelei, die Gier, die Eitelkeit, die Trägheit, die Gleichgültigkeit sind nicht dein Verdienst, sondern ihr eigener. Darum wirst du von ihrer Verdammnis nicht profitieren können. Sie brauchen dich nicht, sie brauchen den Teufel nicht Sie brauchen dich nicht, sie brauchen den Teufel nicht Sie brauchen dich nicht, sie brauchen den Teufel nicht Teufels Lehrerin Ich muss ihnen zeigen, wer ich bin, dachte der Teufel. Er ballte die Fäuste. Mit der Kraft seiner Gedanken ließ er die Meere steigen, und pulsen, und brausen, und tosen. Doch dann türmte sich eine gewaltige Welle auf, größer als jede andere vor ihr. Entfesselt raste sie aufs Land zu und riss Tausende in den Tod. Der Teufel blickte sich verwirrt um, diese Katastrophe hatte nichts mit ihm zu tun. Die Menschen waren ihm wieder einmal zuvor gekommen. Sie brauchen dich nicht mehr, sagte Teufels Lehrerin, denn sie heizen das Feuer ihrer Hölle selbst an. Diese Tagediebe und Maulhuren...
8.
Nervenfieber 03:51
Später hieß es, es war das Nervenfieber. Aber das war es nicht. Die einfachen Erklärungen sind nie die, die zutreffen. Nur einfache Geister lassen sich von einfachen Gedanken einlullen. Es fing an, als sie die ersten Hinweise wahrnahm, die auf sein Doppelleben deuteten. Als sie begann, genauer hinzusehen, fragte sie sich, warum sie es nicht schon viel eher bemerkt hatte. Wahrscheinlich hatte sie es nicht sehen wollen. Von nun an schärfte sie ihre Aufmerksamkeit. Sie spielte weiterhin die Unbedarfte, aber sie begann ihn zu überprüfen. Auf ihre Art. Sie übte ihre Sinne, bis sie nach und nach eine übermenschliche Perfektion erlangte. Sein Atem, sein Körpergeruch oder der Duft, den seine Kleidung verströmte, verrieten ihr Dinge, die seine Zunge nie offenbart hätte. So erfuhr sie, dass er in den Teehäusern und Opiumhöhlen eine andere Identität pflegte, dass man ihn dort kannte, wusste, wie er verwöhnt werden wollte. Sie war hin und hergerissen zwischen Faszination und Abscheu. Nachts wälzte sie sich in ihrem Bett, fand keinen Schlaf. Brauchte keinen Schlaf mehr, keine Nahrung. Ihr Körper schöpfte Energie allein aus ihrer geistigen Kraft. Ihre fiebrig gesteigerte Hellsichtigkeit offenbarte ihr, wo er sich aufhielt, was er tat, mit wem er sich traf. Worüber er sprach. Sie hörte seine Stimme so klar und deutlich in ihrem Kopf, dass sie sich ins Gespräch hätte einschalten können! Schließlich war sie sogar imstande, seine Gedanken zu lesen, ganz gleich wo er sich aufhielt. Das ging eine Weile so. Bis sie ihn zur Rede stellte. Natürlich stritt er alles ab, das hatte sie nicht anders erwartet. Doch selbst noch als sie ihn mit glühenden Kohlen malträtierte, blieb er bei seiner verlogenen Version der Wahrheit. Während sie doch das Gegenteil in seinen Gedanken lesen konnte! Wie er flehte, um Gnade, die er ihr nie hatte gewähren wollen, wenn er sie hinterging. Wie sie sich besudelt fühlte von der Wortschlacke, die aus seinem Mund troff, seinen Lügen. Als sie sich entschloss, ihn nicht zu töten, sondern ihn sich selbst zu überlassen, dort im Keller, im Waldhaus, angekettet und mit nur einem Blechnapf voll brackigen Wassers, geschah dies im vollen Bewusstsein, dass unverdient gewährte Gnade wahre Macht offenbart. Die Schreie seiner Gedanken hallten noch lange in ihrem Kopf wider. Das Flehen. Das Winseln. Sie konnte hören wie sein Herz in verzweifelter Raserei in seiner Brust hämmerte, wie sein Blut kochte. Wie sein Atem verging. Am Ende stand sie vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer, eine große Schere in der Hand. Stille in ihrem Kopf. Sie musste sich auf ihre letzte Aufgabe zum Abschluss dieses Kapitels konzentrieren: Das Auge, auf dem sie viel zu lange blind gewesen war, forderte Strafe.
9.
Stell dir vor, du träumtest jede Nacht denselben Traum. Nacht für Nacht dieselben Bilder, dieselben Ängste. Aber dann stellst du fest, dass du gar nicht schläfst. Es lässt dich nicht los – was einmal war... was du einmal tatest... was dir einmal getan wurde... Gefangen im Vergangenen Gefangen im Vergangenen bleibt im Nebel... liegt im Nebel... Gefangen im Vergangenen Gefangen im Vergangenen Und wenn der Mensch nichts wäre als die Summe seiner Erfahrungen, dann könnte er sich niemals lösen von allem, was ihn quält, lähmt, betäubt, schwächt... Gefangen im Vergangenen Es sucht dich heim... Es hält dich fest... Es greift nach dir... Es lässt dich nicht... Gefangen im Vergangenen bleibt im Nebel... liegt im Nebel... Gefangen im Vergangenen Du denkst, du bist die Zukunft, oder wenigstens die Gegenwart. Aber das ist falsch. Der Mensch ist pure Vergangenheit, sein Körper besteht aus geronnener Zeit. Er nährt sich von Energie, die von Wesen stammt, die einmal waren. Und am Ende wird er selbst zu Energie, die andere nährt. Vergangenheit ist nur die Vorstellung von ihr im menschlichen Gehirn, denn wir sind das Archiv des Vergangenen. Selbst der Gedanke, den du – genau jetzt – denkst, ist im nächsten Augenblick Vergangenheit. Du wünschtest, du wärest frei, aber was dich davon abhält, so frei zu sein, wie du es möchtest, die Person zu werden, die du sein könntest, ist das Vergangene. Es ist das, was dich ausmacht... Doch der Mensch ist nur ein passageres Phänomen im Lauf der Welt. Die einzige Spezies, die die Zukunft ihrer Vergangenheit beschleunigt. Stets auf der Suche, doch gefangen im Vergangenen. bleibt im Nebel... Gefangen im Vergangenen bleibt im Nebel... liegt im Nebel... Gefangen im Vergangenen
10.
Paul ist tot 07:40
(Original von "Fehlfarben", Monarchie und Alltag, Lyrics & Vocals: Peter Hein ) Ich schau mich um und seh´ nur Ruinen, 
Vielleicht liegt es daran, dass mir irgendetwas fehlt. 
Ich warte darauf, dass du auf mich zukommst, 
Vielleicht merk´ ich dann, dass es auch anders geht. Dann stehst du neben mir und wir flippern zusammen, 
Paul ist tot, kein Freispiel drin. 
Der Fernseher läuft, tot und stumm, 
Und ich warte auf die Frage, die Frage wohin, wohin? Was ich haben will, das krieg´ ich nicht, 
Und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht. 
Was ich haben will, das krieg´ ich nicht, 
Und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht. Ich traue mich nicht, laut zu denken, 
Ich zögere nur und drehe mich schnell um. 
Es ist zu spät, das Glas ist leer. 
Du gehst mit dem Kellner, und ich weiß genau warum. Was ich haben will, das krieg´ ich nicht, 
Und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht. 
Was ich haben will, das krieg´ ich nicht, 
Und was ich kriegen kann, das gefällt mir nicht. Ich will nicht, was ich seh, 
Ich will, was ich erträume, 
Ich bin mir nicht sicher, 
Ob ich mit dir nichts versäume
11.
Sternenstaub 01:14
Es war einmal... ein Staubkorn, das hatte eine sehr weite Reise hinter sich. Denn eigentlich stammte es von einem anderen Planeten, oder von einem Meteoriten, der vor Urzeiten auf die Erde gestürzt war. Sternenstaub. Erloschene Welten. Und wenn du in der Nacht deinen Blick hinauf zum Himmel richtest, dann kannst du nie mit Sicherheit sagen, ob das Licht, das du siehst, von einem Stern kündet, der noch existiert, oder ob es nichts weiter ist als der Widerhall von etwas, das einmal war. Doch eins ist sicher: Auch dein Licht – wird einmal gewesen sein.
12.
Es wird einmal gewesen sein...(Futur II):)

about

An die wir uns nicht mehr genau erinnern. Mythen, Märchen, Sagen oder biblische Geschichten haben eines gemeinsam sie wurden von Menschen verfasst, die damit etwas vermitteln wollten: Orientierung und Wahrheit, der Versuch, das Chaos zu ordnen und der Beliebigkeit Sinn zu verleihen. Geschichten helfen uns, Ängste zu kanalisieren. Märchen sind ein Erzählgenre, in dem alles möglich ist: Es gibt gute Feen, böse Hexen, verschlagene Trolle, sprechende Tiere, es gibt blutrünstige Ungeheuer, Wunder und Zauberei. Märchen handeln von kollektiven Wünschen, Sehnsüchten, Phantasien und Ängsten. Sie spielen in der Vergangenheit und meinen doch die Gegenwart. Das dritte Album von Oberer Totpunkt mit dem Titel -Stiller Zoo- führt in eine Welt mit märchenhaften Elementen, doch der Gegenwartsbezug ist immanent, so wie auch jedem Augenblick seine Endlichkeit anhaftet. Alles, was uns so bedeutsam erscheint, ist wichtig nur im Rahmen eines sehr engen Koordinatensystems. Die Ewigkeit bringt Ruhe in den Lauf der Dinge... Wir alle sind -Gefangen im Vergangenen-, in unserem stillen Zoo, dem Käfig der ausgestopften Tiere.

credits

released May 21, 2010

Bettina Bormann (Lyrics, Vocals), Michael Krüger (Composing, Bass, Drums, Add. Vocals). Tom Wendt (Gitarre). Chor: Vox Inhumana und Simon Glücklich. Schneewittchen und Bruno Kramm (Paul ist tot). (Original von "Fehlfarben", Monarchie und Alltag, Lyrics & Vocals: Peter Hein, Remix: Michael Krüger )

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OBERER TOTPUNKT Hamburg, Germany

::OT:: OBERER TOTPUNKT („TDC”, „Top dead center“) is the music project of Hamburg-based Singer-/Songwriter Bettina Bormann and Drummer/Composer Michael Krüger. ::OT:: performs live with Guitar, Theremin, Drums and Percussions as Duo or with live musicians. They made numerious remixes of Bands and are reguarly on tour throughout Germany and beyond. ... more

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